Gesundes Tragen von Babys und Kleinkindern
Michaela Lehner, Die Trageschule® Österreich und Schweiz
Vortrag

Trageberaterin Michaela Lehner zeigt, warum Säuglinge aus evolutionsbiologischer Sicht „Traglinge“ sind und in welchen Alltagssituationen das Tragen eines Babys eine besonders wertvolle Unterstützung darstellt. Außerdem hebt sie die positiven Effekte des Tragens in Punkto Bindung, Vertrauensaufbau und Geborgenheit hervor.

Michaela Lehner

Michaela Lehner leitet Die Trageschule® Österreich und Schweiz. Sie ist zertifizierte Trageberaterin, ehem. Kangatrainerin und zertifizierte Babymassagekursleiterin. Sie zeichnet sich verantwortlich für die Ausbildung von TrageberaterInnen und für die Fachtagung „TrageTage“. Außerdem ist sie maßgeblich an der Organisation diverser Workshops und Vorträge zum Thema Tragen von Babys und Kleinkindern beteiligt.

Begriffe im Vortrag
Jungentypen bei Säugetieren
Nesthocker (z.B. Kaninchen), Nestflüchter (z.B. Pferd), „Tragling“ (z.B. Affe). Der Begriff „Tragling“ wurde erstmals vom Biologen Bernhard Hassenstein in den 1970er Jahren geprägt.
Kontaktweinen
Ein Baby beginnt zu weinen, wenn es abgelegt oder kurz in die Wiege gebettet wird. Es fühlt sich allein und potentiellen Gefahren ausgeliefert. Das Kontaktweinen ist ein Reflex aus der Urzeit. Ein Baby weiß noch nicht, dass in der Wohnung der Eltern keine Gefahr besteht. Mit der Zeit lernt es, Vertrauen zu den Bezugspersonen aufzubauen, sofern diese ihm eine stabile Bindung ermöglichen.
Objektpermanenz
Die Objektpermanenz ist ein Entwicklungsschritt, den Kinder im Alter von etwa 8 Monaten erreichen. Dann verstehen sie, dass eine Person immer noch da ist, auch wenn sie kurz den Raum verlässt. Für Säuglinge gilt zuvor „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Verschwindet ein Gegenstand aus dem Blickfeld, ist er für das Baby nicht mehr existent.
Greifreflex
Säuglinge klammern sich instinktiv an ihrer Bezugsperson fest. Hält man ihnen den kleinen Finger hin, umfassen sie ihn automatisch (Handgreifreflex). Auch können sie ihre Zehen leicht abbiegen, wenn man sie am Fuß berührt (Fußgreifreflex). Diese beiden Reflexe sind Überbleibsel unserer Vorfahren. Der Nachwuchs musste sich am Fellkleid seiner Eltern festhalten, um nicht zurückzubleiben. Zwischen dem vierten und achten Lebensmonat nimmt der Greifreflex ab.
Mororeflex/Moro-Reaktion
Dabei handelt es sich um eine Umklammerungs- oder Festhaltereaktion des Babys, die durch unterschiedliche Sinnesreize ausgelöst werden kann. Wenn sich der Säugling erschreckt, dann reagiert er instinktiv. Er „zuckt“ kurz, streckt die Hände vom Körper ab und entspannt sich anschließend wieder. Ausgelöst wird die Moro-Reaktion beispielsweise durch eine überraschende Lageveränderung, einen Luftzug oder jeglichen Reiz von außen, der unerwartet auftritt. Der Reflex integriert sich etwa im vierten Lebensmonat.
Anhock-Spreiz-Reaktion
Verlieren Babys den Bodenkontakt, z.B. wenn sie hoch gehoben werden, dann winkeln sie automatisch ihre Beinchen an, ziehen ihre Knie in Richtung Nabel und spreizen die Beine leicht ab. Im Tragetuch oder einer Tragehilfe sollten Babys immer die so genannte Anhock-Spreiz-Haltung einnehmen. Sie wird auch M-Haltung genannt. In dieser Haltung wird die Hüftreifung optimal unterstützt.
Tragen als Therapieunterstützung
Stimuliert/aktiviert die Nacken- und Rumpfmuskulatur, reguliert den Muskeltonus, regt alle Fern- und Körpersinne an, verbessert die taktile sowie propriozeptive Wahrnehmung, fördert Kontaktaufbau, Beziehung und Bindung. Zudem aktiviert der Bewegungsrhythmus beim Tragen die Spiegelneuronen.